Roman Signer

Platz ist in der kleinsten Hütte.
Für was?
Zum Fliegen natürlich.

07.07.18 – 07.10.18

 

Roman Signer (*1938, St. Gallen) versteht sich als Bildhauer – ein Bildhauer allerdings, der seine Skulpturen um die Dimension der Zeit erweitert. Mit seinen Ereignissen und Installationen arbeitet der Künstler seit den 1970er-Jahren voller Spielwitz an einer Neudefinition der Skulptur. Er bezieht Zeit, Energie, Beschleunigung und Veränderung mit in den skulpturalen Prozess ein und erkundet damit konsequent, spielerisch und immer wieder neu die Möglichkeiten dieses ursprünglich statischen Mediums. Das Resultat seiner Untersuchungen sind oft vergängliche Arbeiten, die in Fotoserien, Film- oder Videoaufnahmen dokumentiert werden. Die wichtigsten Werkstoffe Roman Signers bilden die vier Elemente Feuer, Erde, Wasser und Luft. Ihre Beschaffenheit und Qualitäten ergründet der Ostschweizer mit beeindruckender Präzision und Ausdauer. So lässt er etwa durchlöcherte Kajaks mit Wasser volllaufen, katapultiert Möbelstücke durch den Raum oder legt eine kilometerlange Zündschnur quer durch die Ostschweiz.

Der besondere Ort des von Raphael Bottazzini initiierten Artachments inspirierte den Künstler nicht nur zur Teilnahme an der Jubiläumsausstellung sondern auch zu einer Aktion vor Ort, zu einem «Ereignis», wie Roman Signer seine Aktionen selbst nennt. Es hat Platz in der Hütte und Roman Signer nimmt ihn ein: Mit Schutzbrille und Helm, vor der Vernissage und ohne Publikum, begibt er sich in das Häuschen. Darin bedient er sich eines so genannten Quadrokopters*, welchen er mit einem Pinsel mit blauer Farbe versieht. Mit diesem Arrangement aus Flugobjekt und Malinstrument navigiert er durch das Häuschen und malt blaue Punkte an dessen Decke. Das ganze Vorgehen ist nicht ungefährlich, weshalb sich der Künstler die erwähnte Schutzmontur anzieht. Von der Handlung übrig bleibt die bemalte Decke und auch das Instrumentarium lässt der Künstler zurück. Das fertige Werk wiederum definiert er als Installation: Auf dem Regal im Häuschen liegend verweisen die Objekte auf die vergangene Handlung. Das Publikum darf die Hütte betreten und sich das Geschehene zusammenreimen. An das erzählerische Moment dieser kleinen Geschichte knüpft auch der Titel des Werks passend an: «Platz ist in der kleinsten Hütte.» «Für was?» «Zum Fliegen natürlich.» Es ist ein Kurzdialog zwischen dem Künstler und einem fiktiven Gegenüber, der eigentlich alles sagt.

Mit der Bemalung der Decke indes verweist Signer durch eine simple Geste auf die berühmte und von künstlerischer Könnerschaft geprägten Gattung der Deckenmalerei. Roman Signers Deckenbemalung wiederum, so könnte man weiterinterpretieren, adelt das kleine Häuschen zu mehr als einer Hütte: Durch die blauen Tupfer wird es zu einer Kapelle für die Kunst.

* Was im Volksmund als Drohne bezeichnet wird, ist im Fachjargon ein Quadrokopter (ein mit 4 Rotoren versehener, fernsteuerbare Helikopter). Der Begriff «Drohne» wird somit etwa in Modellfliegerkreisen ungern gehört, weil eine Drohne jene Helikopter bezeichnet, die im Krieg zum Einsatz kommen und töten können. Das Objekt, welches Roman Signer zum Fliegen und zum Malen verwendet, ist jedoch ein Arbeitswerkzeug, oder wie er selbst sagt: «Ein friedliches Ding mit einem fliegenden Pinsel.»


Roman Signer (b. 1938, St Gallen) defines himself as a sculptor – a sculptor, however, who expands his sculptures through the dimension of time. His happenings and installations, full of lively wit, have been redefining sculpture since the 1970s. By integrating time, energy, acceleration and change into the sculptural process, he finds new ways of consistently and playfully exploring the possibilities of this intrinsically static medium. The results of his explorations are often transient works, documented in photographic series, film or video footage. Signer’s most important materials are the four elements of fire, earth, water and air. Their composition and their quality are explored with impressive precision and endurance. For example, he lets hole-riddled kayaks fill up with water, catapults furniture across the room, or lays a kilometre-long fuse across eastern Switzerland.

 Artachment, the unusual space initiated by Raphael Bottazzini, inspired the artist not only to participate in the anniversary exhibition, but also to conduct an in-situ intervention, or ‘happening’, as Signer refers to his work. There is space in the hut, and Signer occupies it: before the opening and without an audience, he enters equipped with protective goggles and a helmet. Inside, the artist fits a so-called quadcopter[1] with a brush drenched in blue paint. He then navigates this arrangement of flying object and painting utensil through the house and uses it to paint blue dots on the ceiling. The whole action is not without risk, which is why the artist dons the protective gear. What remains of the activity is the painted ceiling and the equipment that is left behind. The artist defines the finished work as an installation: lying on a shelf in the house, the objects reference the activity that took place there. As the public enter, they put together the pieces of the event. The narrative of this small tale is reflected in the title of the work: Platz ist in der kleinsten Hütte. Für was? Zum Fliegen natürlich (There is room in the smallest of huts. For what? For flying, obviously.). It is a short dialogue between the artist and a fictional counterpart that explains everything.

 With the simple gesture of painting dots on the ceiling, Signer references the celebrated genre of the ceiling fresco, which is characterised by great artistic skill. To further interpret the scene, Roman Signer’s ceiling painting elevates the small house into more than a hut: the blue dots convert it into a chapel of art.

* What is popularly known as a ‘drone’ is in technical jargon a quadcopter (a four-rotor, remote-controlled helicopter). The term ‘drone’ is not heard among model aviation enthusiasts, since it refers to equipment that can be used for killing and war. The object used by Roman Signer for flying and painting, however, is a work tool, or as he says himself: “A peaceful thing with a flying brush.”

Text: Lena Friedli
Fotos: Claude Gasser

www.romansigner.ch